Erfurt, heute die Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen, vor 1260 Jahren erstmals urkundlich genannt, ist nicht nur mit großen mittelalterlichen Traditionen verbunden , sondern hat in den letzten 120 Jahren auch einige bedeutende Ereignisse aufzuweisen, die mit der Seefahrtgeschichte verbunden sind. In der damals zu Preußen gehörenden Stadt, in welcher nach der Entfestigung nach 1871 auch die weitere Industriealisierung große Fortschritte machte, wurden in vielen Fabriken Erzeugnisse hergestellt, die für den Schiffbau wichtig waren, oder sogar direkt für den Einbau in Schiffen gebaut waren, wie z. B. die Pumpen aus dem damaligen Pumpenwerk.

In Erfurt wurde am 7. Dezember 1886 der „Verein ehemaliger Kameraden der Marine“, der sich ab 1890 „Verein ehemaliger Marine und Seeleute“ nannte, als 5. Deutscher Marineverein – nach Hamburg 1877, Halle 1882, Leipzig 1883 und Berlin 1886 – gegründet.

Die Geschichte dieses Vereins wurde in der Festschrift 110 Jahre der Marinekameradschaft Erfurt 1886/1992 e. V. im Deutschen Marinebund 1996 zum 110. Jahrestag, sowie im anlässlich des 120. Jahrestages erschienenen Buch“Erfurt maritim“ ausführlich dargelegt. Sie zeigt die bewegte und das Vereinsleben in der Stadt Erfurt bereichernde Geschichte einer Gemeinschaft von Menschen, die sich am „Maritimen“ in vielfältiger Form begeistern oder persönliche Beziehungen zur Seefahrt haben.

Der Erfurter Marineverein trat 1894 dem 1891 in Kiel gegründeten Bund deutscher Marinevereine bei. Im Jahre 1902 wurde unter großer Anteilnahme der Erfurter Bürger die kunstvoll gestickte Vereinsfahne geweiht.

Die Geschichte des Vereins weist auch daraufhin, dass vor mehr als 90 Jahren eine Marinegedenkstätte in Erfurt geplant wurde, bei deren Gestaltung die bei der Abwrackung der SMS „Moltke“ (ein Segelschiff der kaiserlichen Marine -„Seiner Majestät Schiff“) 1908 erworbenen Gegenstände z. B. der Stockanker und Geschützrohre Verwendung finden sollten.

Dieses Vorhaben wurde durch den l. Weltkrieg nicht verwirklicht. Der Stockanker aber wurde zum Symbol des Marineehrenmals auf dem Erfurter Hauptfriedhof, das 1933 geweiht wurde. Der Entwurf wurde von Prof. Carl Melville von der Erfurter Kunstschule gestaltet, der auch der Schöpfer des Gustav-Adolf-Brunnens an der Erfurter Prediger Kirche ist. Die während des Krieges und in den Jahrzehnten danach verfallene Gedenkanlage auf dem Hauptfriedhof, wurde nach der Neugründung des Erfurter Marinevereins als Marinekameradschaft Erfurt 1886/1992 e. V. im Deutschen Marinebund von den Mitgliedern neu gestaltet, wobei bis zum heutigen Tage der Stockanker als Symbol „Zum Gedenken für alle auf See Geblichenen“ dient und von der MK Erfurt gepflegt wird. In diesem Zusammenhang soll auch darauf verwiesen werden, dass der Vorschlag ein Marine-Ehrenmal zu errichten auf dem Erfurter Abgeordnetentag des Bundes Deutscher Marinevereine 1925 in Erfurt vom 31. 7. – 4. 8. 1925 von dem Duisburger Vereinsvorsitzendem Wilhelm Lammertz gemacht wurde. Der Beschluss darüber und über den Standort Laboe wurde aber erst 1926 in Duisburg gefasst.

Auch in Erfurt wurde 1935 unter der NS-Herrschaft der Marineverein gleichgeschaltet und war nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr erlaubt. Doch das maritime Gedankengut und viele Marinetraditionen wurden durch die Handelsmarine, die Volksmarine, die seesportlichen Organisationen, durch Seebäder-Reisen und See-Tourismus wach gehalten und gepflegt. Die Deutsche Seereederei Rostock unterhielt viele Jahre auch in Erfurt eine Betreuungsstelle.

Nach dem Einigungsvertrag 1990 und den damit verbundenen Möglichkeiten in der ehemaligen DDR war es deshalb sehr bald auch zu Kontakten mit dem in der BRD 1953 wiedergegründeten Deutschem Marinebund gekommen. In Erfurt wurde anknüpfend an die Traditionen des 1886 gegründeten Marinevereines am 8. Oktober 1992 die Marinekameradschaft Erfurt 1886/1992 e. V. im DMB neugegründet.